Am 14.6. startet die legendäre Tour Divide. Craig Fowler, „Endurance Athlete, Hiker, Cyclist, Chocolate Chip Cookie Aficionado“ hat für seinen Blog „One of Seven Project“ eine extrem detaillierte Umfrage unter den Teilnehmenden durchgeführt. Thema: Welches Material nutzt ihr? Vom Radtyp über das Rahmenmaterial bis zur Füllung des Schlafsacks ist alles dabei. Gear-Junkies, rejoice!
Tour Divide: Der Everest unter dem Selfsupportraces
Nächsten Freitag beginnt sie also. Die Tour Divide: Der weithin strahlende Leuchtturm der Selfsupportrace-Szene. Was als selbstauferlegte Herausforderung leidensfähiger Fahrradenthusiasten begann, boomt nicht nur im Mutterland USA, sondern auch in Europa und Deutschland. Veranstaltungen, wie die aktuell laufende Grenzsteintrophy, der hügelige Mainfranken-, der flache Hanse‑, der junge, aber gleichsam geschichtsträchtige Candy B. Graveller oder das lange Bikepacking Trans Germany, legen davon Zeugnis ab.
Bei aller Anerkennung für die deutsche Szene: Die Tour Divide (bis 2006: Great Divide Race) ist ein anderes Biest. Mindestens 4.418 Kilometer entlang, durch und über Rocky Mountains und die namensgebende kontinentale Wasserscheide, die die Strecke 30 mal kreuzt. Vom kanadischen Banff bis nach Antelope Wells an der mexikanisch-amerikanischen Grenze. Über 60.000 Höhenmeter bergauf. Eine gigantische Herausforderung mit einer ebenso einfachen wie genialen Grundidee:
Nur Du und dein Rad.
Keine Teamtrucks, kein privater Service, keine Maschinerie an Begleitfahrzeugen, wie etwa beim legendären Race Across America (RAAM, Start: 11. Juni). Nur Du und dein Rad. Die Fahrt selbst soll ohne fremde Hilfe bewältigt werden. Verpflegung, technische Unterstützung, Wäsche für Mensch und Material, Hotelzimmer – all das ist innerhalb der Ortschaften erlaubt, solange nur Ressourcen genutzt werden, die allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern gleichermaßen zur Verfügung stehen und die Leistungen nicht im Vorfeld gebucht oder reserviert wurden.
Trotzdem – wer auch nur ansatzweise damit liebäugelt, den Streckenrekord von Mike Hall anzugreifen (13 Tage, 22 Stunden, 51 Minuten), wer sich überhaupt eine Zeit gesetzt hat, die er oder sie erreichen will, wird sich nicht den Verlockungen eines Federbetts widmen, sondern da schlafen, wo ihm bzw. ihr die Kraft ausgeht; erst recht will er/sie sich aber nicht mit streikendem Material herumschlagen.
Fahrzeit.si-Autor Gunnar Fehlau stand selbst einst am Start des legendären Rennens und weiß: „Die Strecke hat so viele Herausforderungen: körperliche Belastung, mentale Disziplin, fahrtechnischer Anspruch, komplexe Navigation, richtige Verpflegung, Schlafmangel, und, und, und. Da muss die Technik einfach funktionieren. Mechanische Probleme lenken nur von allem anderen ab.“
Die Ergebnisse
Welcher Technik also vertrauen Menschen wie die knapp 200, die am 14.6. in Banff zum Grand Depart antreten? Eine subtil vordergründige Auswahl der spannendsten Ergebnisse als Handreichung für eigene Überlegungen:
1. I want to ride (which) bicycle
Gunnar schrieb 2014 „Die Mehrheit der TD-Fahrer setzt auf 29-Zoll-Hardtails, nicht selten mit einer starren Carbon-Gabel“. Das ist bis heute so. Laut Craigs Liste setzen gut 2/3 auf ein MTB, 1/3 auf „Dropbar“, also Rennlenker. Wie sehr die Grenzen zwischen den Kategorien aber verschwimmen, beweist Ultra-Endurance-Badass und Tour Divide-Streckenrekordhalterin bei den Frauen, Lael Wilcox. Sie setzt auf ein Cross-Country-Hardtail ihres Sponsors Specialized und baut es kurzerhand auf Dropbar um. Dank kabelloser Funkschaltung SRAM Eagle AXS mit MTB-Kassette und Rennrad-Kurbel. Es lebe das Frankenbike! Auch sonst bleibt die 2014er-Einschätzung gültig: 63% fahren rigid. Beim Rahmenmaterial dominiert Carbon (45%) vor Stahl (25%), Aluminium (17%) und Titan (11%). Da sage noch einer, Carbon tauge nicht für epische Abenteuer, weil es nicht robust genug sei. Keiner der Befragten fährt übrigens Bambus.
2. Auf und nieder, immer wieder: die Federung
Die Minderheit (ca. 34 %), die auf Frontfederung setzt, teilt sich gleichmäßig in drei Gruppen: weniger als 80 mm, 80 – 100 mm, 100 – 120 mm. Mehr als 130 mm an der Front setzt niemand ein. Insgesamt nur 3 % der Befragten nutzen vollgefederte Bikes, der Federweg am Heck übersteigt nicht die 100 mm.
3. Rolling Stock
29 Zoll Laufräder mit Felgenbreite zwischen 21 und 30 mm dominieren das Geschehen (63 %). Erstaunlich viele Teilnehmer (25 %) sind aber auf Felgen zwischen 31- und 35-mm-Breite unterwegs. Komfort und Pannenschutz haben eine Bedeutung. Carbon (40 %) und Alu (60 %) sind beide stark vertreten. Und guess what: Stan’s Notubes is killing it. Mit 30 % klare Nummer eins. Gibt’s bei uns.
Apropos Stan’s Notubes: 100 % schwören für die Tour Divide auf Tubeless. Das sind: alle!
4. One ring to rule them all!
Jürgen Klopp hat gerade wieder betont, dass auch knappe Siege süß sind. 53 % fahren SRAM. Klar, dass wir es stärker mit Team Rot halten, als mit Team Blau. Genau wie in Liverpool übrigens.
Überraschend bei diesem Ausgang: 66 % setzen auf 1x-Antriebe. Das heißt auch die Shimano-Fraktion fährt überwiegend einfach. Sagen wir ja schon länger. Der Umwerfer am MTB ist mausetot.
5. Vollbremsung
Ehre wem Ehre gebührt: Shimano dominiert die Bremsenwertung mit 54 %. Wir sind aber zuversichtlich, dass SRAM (20%) den Abstand verkürzt. Lael Wilcox hat’s schließlich vorgemacht. MTB-Bremsen mit Rennrad-Bremsschalthebeln und MTB-Funkschaltung. Kein Problem! Scheibenbremsen sind nach Tubeless übrigens der zweite Clean-Sweep: 100% fahren Disc. Meist 160 mm vorn und hinten. Mit dem ganzen Gepäck und all den Tiefenmetern sollte man von der Schleifbremsung aber lieber die Finger lassen.
6. Pedal to the metal
Klickpedal. Klarer Fall (67 %). Schade, dass es keine Frage gibt, wie viele Teilnehmer unterwegs ihre Leistung messen.
7. Ich packe meine Tasche und nehme mit
… Das klassische Bikepacking-Setup ist: Handlebar- und Seatpack (je 35 %) plus Gastank (34 %). Framebag und Feed Bag folgen dichtauf. Da lagen die Jungs von Lezyne mit ihrem ersten Aufschlag in Sachen Bikepacking-Taschen schon mal ganz richtig.
8.–99. Das alles und noch viel mehr…
könnt ihr hier nachlesen. Navigation, Essen, Schlafen, Transport, Licht, Wasser, Schuhe, Bekleidung, Stromversorgung, … und: „Are you worried about bears?“
Wer Punkte schauen und das Rennen live verfolgen will, schaut am Besten bei den Trackleaders.